die wäsche muss auch noch gemacht werden, sonst habe ich morgen nichts anzuziehen…und die dort, waren die nicht mal nachbarn?… langsam wird es warm, wir hätten die heizkörper doch nicht aufdrehen sollen… ob das ganze hier nicht zu lang wird…im moment sind die leute sehr beteiligt…bewegst du dich jetzt nicht etwas zu kompensatorisch zu dieser sonate?.. es könnte blöd aussehen… hoffentlich hat mein dogsitter daran gedacht, den hund auch zu füttern…

dann - irgenwann - all diese gedanken verzogen nach unbekannt - es bleibt das im klang sein - klang sein - es bleibt das versunkene, autonome system- der ablauf der musik - es bleibt jeder moment als fläche, ohne zeitlichen verlauf - motorische muster, die sich in klang verwandeln - die rückkehr in den saal am ende des konzertes - erschütterung - “bestürzten aufblicks” (rilke)

es bleibt die gewissheit, dass musik immer klingt, aber wir sie nicht immer hören.

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Authorpius strassmann

das gedicht zeigt sich dort am deutlichsten, am klarsten, wo der faszinierende, nicht aufzuklärende rest des textes uns berührt, uns keine ruhe lässt, sei dies in der bejahung oder in der opposition, in wohlsein oder unbehagen. diesen rest möchte ich auch im gespräch nicht zerstören. ich finde es stets anregend, vielfältigste und verschiedene deutungen zu hören. 

es geht nicht darum, das gedicht „richtig“ zu verstehen, sondern zu merken, was es mich, als leserin, angeht, was es in mir auslöst. es nimmt uns auf oder lässt uns draussen stehen. draussen. ein auch glücklicher ort.

als lyriker beanspruche ich keine deutungshoheit über meine texte.

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Authorpius strassmann


unfassbar die bemerkung thomas gottschalks am „opus klassik 2018“: (einem medien-event zur ankurbelung des klassik-geschäfts) „wenn schon immer frauen am dirigierpult gestanden hätten, hätte man den orchestergraben nicht erfinden müssen.“ 

was sagt er eigentlich, unter der schon beim sprechen aufbrechenden dünnen haut von freundlichkeit und kompliment? er sagt: 

„die menschen würden viel lieber in die oper gehen, wenn sie eine sexy frau sehen würden, die dirigiert.“ - also nicht etwa wegen einer oper, einer inszenierung, einer uns verzaubernden musik, wegen grosser sängerinnen und sänger - nein: der ochestergraben wurde geschaffen, um die hässlichen dirigenten zu verstecken. und die emanzipation der frauen in diesem beruf erfolgt, weil sie vorzeigbar sind. (der moderator bekommt, wie ich hoffe, den opus klassik für nicht mehr zu überbietende inkompetenz im bereich "oper")
.
aschgrau und vulgär. die richtige antwort wäre gewesen: sie sind ein unausstehlicher ignorant, der mich als frau und mein können als dirigentin beleidigt. - dann wäre die bühne zu verlassen gewesen von der dirigentin, gefolgt vom ganzen orchester. 

nur: ein deart obszöner anlass ist selbst durch den skandal nicht mehr zu retten. darum. stehen bleiben und dirigieren. ganz hervorragend dirigieren. alondra de la parra! - und herzliche gratulation all den grossen musikerinnen und musikern, die hier dem geschäft zum frass vorgesetzt werden. sie tun mir leid, den sie haben besseres verdient.

und denkt stets an bartok. wie sagte er doch gleich? “Competitions are for horses, not artists” - wie recht er doch hatte.

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Authorpius strassmann

sbb - kundendienst: eine erfreuliche geschichte

 

vor einiger zeit bin ich am eingang zur unterführung des bahnhofs luzern gestürzt. die glatte metall-abgrenzung war vom regen nass, und ich rutschte. hose kaputt, rücken schmerzend. 

ich habe kontakt mit dem kundendienst aufgenommen, und den vorfall geschildert. man versprach mir, das problem anzugehen. einige wochen später kam ein bild, wie die zone neu rutschfest gestaltet wurde, mit dem hinweis, dass, nach einer phase des ausprobierens, alle bereiche zu den unterführungen so ausgestattet werden sollten. 

ich bin sehr erfreut, dass die mitteilung eines einzelnen so grosse auswirkungen hat, und möchte dem kundendienst luzern der sbb herzlich danken! 

 

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Authorpius strassmann
an den 39. literaturtagen solothurn, lesung aus "blauklang", moderation beat mazenauer. ich freue mich über dieses bild und die schönen erinnerungen an diese tage mit autorInnen, zuhörerInnen und büchern. bild: @fotomtina

an den 39. literaturtagen solothurn, lesung aus "blauklang", moderation beat mazenauer. ich freue mich über dieses bild und die schönen erinnerungen an diese tage mit autorInnen, zuhörerInnen und büchern. bild: @fotomtina

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Authorpius strassmann

ich freue mich, meinen geschätzen kollegen martin stadler
mit seinem sehr interessanten und schönen programm für die blockflöte
zu empfehlen: die reise zu ihm lohnt sich. 

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Authorpius strassmann

lebe ich tatsächlich in einer stadt, in der jugendliche, die eine verrottende villa besetzen, durch die sondereinheit luchs vertrieben und gefangen genommen werden? warum wird nicht der besitzer dieser villa eingesperrt, der willentlich und mit dem segen der stadtregierung wohnraum und historische substanz zerstört um ein gebäude zur geschäftlichen gewinnoptimierung an ihre stelle zu setzen? 

ich habe die jugendlichen gesehen, von denen einige vor dem polizeigebäude (aus einem traum kafkas) für die freilassung ihrer zulange festgehaltenen kollegen demonstrierten: ich weiss kein besseres bild für einsamkeit, verlorenheit. ein häuflein dass gegen die staatsmacht anruft, ohne dass ich ein fenster, eine türe öffnen würde. ist das die art und weise, wie wir in dialog zu treten gedenken mit jenen, die platz möchten für ihre zutiefst vitalen sozialen und künstlerischen interessen, wenn sie nicht unseren vorstellungen von kunst und kultur entsprechen? wegjagen, einsperren, anzeigen? 

diese jugendliche sind unsere zukunft, sie werden in in 10 oder 20 jahren im südpol oder im kkl in den leitungsgremien sitzen, wenn die europäische gesellschaft und auch unsere stadt erkannt haben wird, dass die unterscheidung von kultur in staatsszene und freie szene keinen sinn mehr macht in einer auseinanderbrechenden gesellschaft. vom hohen ross herunter das ungesetzliche verhalten dieser jugendlichen anzuprangern, während jene vom staat gehätschelt werden, die es sich leisten können fast keine steuern zu bezahlen, ihren gewinn auf kosten der allgemeinheit zu optimieren und damit arbeitsplätze zu vernichten, muss zwangsläufig so enden: in der eroberung der letzten vermuteten freiräume. 

in meinem innenhof steht ein atelierhäuschen leer, seit mehr als einem jahr. sein preis stieg beim verkauf um einige hunderttausend franken von tag zu tag, als der besitzer merkte, dass rege nachfrage bestand. die künstlergruppe, die dort arbeitete, musste ausziehen. ich würde es natürlich nie besetzen, da ich zu bequem, feige und verzagt für eine solche aktion bin. mir der illegalität eines solchen verhalten auf lächerliche art und weise bewusst bin, während sich andere legal am verkauf und leerstand dieser immobilie bereichern. aber wie froh bin ich, wenn ich diese jugendlichen vor dem polizeigebäude sehe, die singen: "heicho, heicho, grad jetzt!" - ein kinderlied aus dem jahre 2009! ja! die scheinen wirklich eine riesen gefahr zu sein! schickt die luchse vorbei! und möchte ihnen zurufen: sucht weiter die orte und räume zum "heicho" - für uns alle, und seien es bloss die räume in unseren träumen, lichtdurchflutet und offen für alle. 

(dieser text erfolgt nicht aufgrund genauer beschäftigung mit den fakten, so weiss ich nicht, ob tatsächlich die luchse aufgeboten wurden, sondern möchte meinem tiefen unbehagen darüber, wie mit diesen jugendlichen visionären umgegangen wird, ausdruck verleihen)

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Authorpius strassmann

abend für abend, so gegen zweiundzwanzig uhr, kommt meine hündin, die im haus ein recht autonomes, um nicht zu sagen autarkes leben führt, zu mir. sie tritt an mich heran mit dem schönsten hundeblick der sich denken lässt, und betrachtet mich, ihren besitzer, voller zuwendung und inniger liebe. meist stellt sie sich auf, bewegungslos, und fixiert mich konzentriert. ich bin stets aufs neue berührt und denke:“ was für einen süssen und liebevollen hund ich doch als gesellschafterin um mich habe.“

meist wende ich mich dann, zerstreut wie ich bin, wieder andern dingen zu, zum beispiel der lektüre. gestern, recht zufällig, den worten des heiligen vaters zur gender-theorie, darauf bezugnehmend, auf welch schamlose art und weise sich diese breitmache, gesprochen in einem flugzeug, daselbst der bischof von rom sich begreiflicherweise oft zu geistigen höhenflügen inspiriert fühlt. 

dann, ebenso zufällig, einigen zeilen schopenhauers, den ich nie systematisch lese, sondern einfach irgendwo aufschlage: „… monoton ist der sinn und geist der allermeisten menschen, sehn doch viele von ihnen schon aus, als hätten sie immerfort nur einen und den selben gedanken, unfähig irgend einen anderen zu denken…“ (aphorismen zur lebensweisheit)

die diversen texte vermischen sich dann in ihrer bereits erwähnten zufälligkeit zu einem ganz neuen, oftmals skurrilen kopfgebäude, das mit der wirklichen architektur der welt natürlich nichts zu tun hat, ja haben kann. 

mein hund steht immer noch da. 
und es dämmert meinem naiven vergesslichen schädel: 
sie will ihre biscuits! 
wie immer um zweiundzwanzig uhr! 
sieben stück! 

erfreut über ihre fortgesetzte leise beharrlichkeit, die ich unbegreiflicher- und amüsanterweise abend für abend mit liebesbekundungen verwechsle, schreiten wir zur fütterung.

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Authorpius strassmann