zeitgeist der klassik-szene: reduktion auf technik und varieté, entseelte interpretation und reproduktion rasend schwieriger musik, die oftmals eigens komponiert wurde, um die leistungsfähigkeit der zuchtmaschine musiker zu zeigen - eine eigentliche perversion.
Es ist mir unverständlich, dass sich nicht mehr widerstand durch die musikerinnen selbst zeigt gegen diese durchgestylte leistungswelt, die sich immer weiter von reichen und kreativen seelischen welten entfernt. sie sind entweder in eine grosse karriere eingespannt, von plattenlabels und agenten diktiert, oder als kleine fische in der freien szene unterwegs und nehmen jedes unsägliche engagement zu dumpingpreisen an, um nicht unterzugehen, stets die fatamorgana der grossen karriere vor augen. natürlich gibt es noch die orchestermusikerinnen: ausgestattet mir monatslohn und der kleinen nachtmusik mozarts.
es gibt sie, die widerständigen: nils mönkemeyer, der wunderbare bratschist, ist einer von ihnen. wollen wir unsere kinder wirklich darauf vorbereiten, musik zu l e i s t e n, und dereinst zu den bis zu 80% von musikerinnen zu gehören, die unter schädigungen ihres bewegunsapparates leiden, weil sie sich dem spitzensport musik verschrieben haben? (quelle: musikersprechstunde des kantonsspitals luzern) - Von anderen schädigungen wollen wir gar nicht reden.
für mich ist die antwort klar: weg in der musikalischen bildung von auftritt und wettbewerb, hin zu improvisation, interaktion und ausdruck der persönlichkeit, ihrer stärken und konflikte mittels musik. wer brahms studieren will, möge dies doch an einer musikhochschule tun - in der primarschule wird auch nicht goethes faust zur aufführung gebracht.
hier ein schöner link, der illustriert, was ich meine: ein kind führt musik auf, die es weder seelisch noch geistig zu durchdringen vermag: das ergebnis ist eine reduktion auf technik und maschinerie, eine vorgegaukelte emotionalität, in der sich ein enormes agressionspotential offenbart, beispielsweise in mimik und klang des hier missbrauchten kindes, das mit grösster wahrscheinlichkeit erwartungen erwachsener ausgeliefert ist. ein fall von kindsmissbrauch, der gesellschaftlich nicht wahrgenommen wird, während es immer mehr menschen gibt, die mit verve für die abschaffung von zoos plädieren; dieser zoo hier ist immer noch im aufbau begriffen!
ich bin am üben und vorbereiten meines konzertes auf der rigi mit improvisationen und der lesung von texten. ich freue mich darauf, am betttag dort aufzutreten! welche texte wählen, welche im buch belassen? weniger ist mehr - der ablauf soll maximal eine stunde dauern.
ein gedicht, im herbst 2006, in cagliari geschrieben -
ich kann es nicht veröffentlichen und hänge doch daran,
darum: hier im blog.
du streifst herum am hafen das letzte schiff
vermischt sich schon mit den wassern hinter der mole
du wendest dich ab vom versinkenden schaust in die stadt zurück
aus ihren fenstern klimmt die nacht herab aufs meer
und aus dem meer steigt schon der erste traum
er streift umher wie du noch namenlos und scheu im lichten
doch bald wird er ins herz dir steigen
und dir bericht erstatten über deine mühsam abgestreifte leben
du hörst ein quartakkordeon weisst nicht woher
in weiche stufen sinkt deine gleissende fussspur
zur bastion hinauf da gingst du manches mal und immer nach oben
doch immer angekommen in der tiefe wo der bericht auf dich wartet
in stein gehauen du kennst die gesetzten zeichen nicht
sie wenden sich ab sie wenden sich kryptisch
den hüllen deiner fremden leben zu
die sich aus den alten körpern streifen
fremde akkorde im traumquartier
die von den steinen prallen und im unbestimmten schweben
in alten gassen bilden sie ein tritonusgeviert
du weisst dass seine grenze du schon oftmals übertreten wolltest
doch all die schweren quader geben halt und besser schmerz
als keine existenz so hast du’s dir zurechtgezimmert
doch bald steigt traum schon in dein endlich leeres herz
macht dir die fünfte türe auf zum menschen der du bist
verklänge jede musik
wie dieser abend im horizont
teile unmerklich bewahrt
der sich versuchende sommer
skizziert geschärfte baumspitzen
der sturz des bussards darein
wann bricht das licht
im potenzierten silber
des vogelschreis
brillen- trink- kerzenglas
der hund bellt er kündet
die ankunft des marders an
auf der nach winter riechenden
von wind durchwehten
sich erinnernden heubühne
ich habe heute bereits einer schülerin im unterricht erzählt, dass dissonante akkordik tendenziell eher der kunst-musik zugeordnet wird, und konsonante musik eher der volksmusik, und dass sich letztere aus dem grund fehlender seelischer spannung, die durch die klangwelt erzeugt wird, eher als berieselung eignet, zum beispiel für svp-generalversammlungen und vergleichbare anlässe. ich bin mir bewusst, dass diese aussage pauschal ist, faust-regel-artig, und von einer allfällgen fachwelt eingehend besprochen werden könnte. fair wie ich bin, habe ich der schülerin auch erzählt, dass sie mich jetzt melden könne auf dem svp-internet wegen politischer äusserung im unterricht. zu meinem bedauern wollte die studentin aber davon nichts wissen! sie sei doch keine denunziantin, sagte sie! was ist bloss mit der heutigen jugend los!
ich bin enttäuscht!